Gadernheim. Vier Tage lang regierte in Gadernheim das königliche Spiel: die Premiere der Sparkassen-Schach-Open Lautertal blieb mit 63 Teilnehmern zwar hinter den Erwartungen zurück. Doch die meisten Spieler lobten die Organisation und guten Rahmenbedingungen in der Heidenberghalle, wo sich ab Donnerstag Spieler zwischen acht und 87 Jahren eingefunden hatten. Darunter waren außer Vereinsspielern aus der Region auch Teilnehmer aus Göttingen, Gießen, Worms und München.
Unangefochtener Star war der 33-jährige Hagen Pötsch vom Schachclub Heusenstamm, der ebenso wie der Inder Rathanvel Vijaya Sivakumar zu den gesetzten Favoriten zählte – und seinem Ruf absolut gerecht wurde. Kuriosum am Rande: außer dem Schachsport spielt der Großmeister erfolgreich den Computerspielklassiker Tetris. Im vorigen Jahr wurde er Weltmeister in der DAS-Variante. Doch in Lautertal mussten keine bunten Blöcke gestapelt, sondern jeweils 16 schwarze und weiße Figuren in ein strategisch-intellektuelles Duell geschickt werden. Gespielt wurde in zwei Gruppen: ein A- Turnier ab 1600 Elo mit 41 ambitionierten Spielern und ein B- Turnier bis 1700 Elo, für das sich 22 Personen angemeldet hatten. Elo ist eine Wertungszahl, die die Spielstärke von Schachspielern beschreibt. Sie wurde nach ihrem Erfinder Arpad Elo benannt. Bis zu 1000 Euro waren zu gewinnen Veranstaltet wurde das Turnier von der Agentur Chess-X-Dream, hinter der Torsten Warnk aus Bensheim steckt – ein leidenschaftlicher Spieler und lizenzierter Schiedsrichter. Das neue Turnier soll dem derzeitigen Schachboom gerecht werden, betonte Warnk kurz vor der finalen siebten Runde. Seine erste Bilanz fiel durchaus zufriedenstellend aus. „Wir hätten uns natürlich ein paar mehr Teilnehmer erhofft“, so der professionelle Organisator, der in der Schachgesellschaft 1931 Bensheim aktiv ist. Theoretisch hätten an den Turntischen bis zu 180 Spieler Platz nehmen können. Der Preisfonds war ab 80 Teilnehmern garantiert. Wegen der geringeren Resonanz wurden die Prämien um 20 Prozent reduziert. Das Startgeld betrug zehn Euro. Auf den Sieger des A-Turniers warteten 1000 Euro Preisgeld, der Gewinner des B-Turniers erhielt 400 Euro. Die Prämien waren abwärts gestaffelt bis zum siebten Platz. Hinzu kamen Geldpreise in den Kategorien bester Jugendlicher, beste Frau, bester Senior und für die jeweils drei besten Gruppen. Insgesamt wurden über 5000 Euro ausgeschüttet. Wer mitmachen wollte, musste eine Identifikationsnummer der internationalen Schach-Organisation Fide besitzen. Die Veranstaltung wurde von der Gemeinde Lautertal und vom Schachclub Reichenbach unterstützt. Sponsor war die Sparkasse Bensheim. Lautertals Bürgermeister Andreas Heun, selbst begeisterter Schachspieler, hatte für das Turnier die Schirmherrschaft übernommen – und auch mitgespielt. Der Rathauschef ist Spieler beim Schachclub Ladja Roßdorf. Auch Heun hofft, dass sich das Turnier zu einem dauerhaften Termin entwickeln und fortan jährlich viele Schachspieler nach Lautertal ziehen wird. Torsten Warnk könnte sich vorstellen, die Schach-Open Lautertal auf zweieinhalb Tage zu verkürzen, um mehr Vereinsspieler ansprechen zu können. Dass am Premieren-Wochenende zeitgleich ein Mannschaftswettbewerb in Baden-Württemberg war, an dem viele Spieler für ihre Clubs teilgenommen haben, war eine ungünstige Konstellation. „Wir müssen Hallen wegen der Planungssicherheit aber früh buchen“, betont Warnk, der an den vier Tagen viele positive Kommentare gehört hat. Auch Kinder und Jugendliche traten an Rathanvel Vijaya Sivakumar (23) hatte den Gadernheimer Termin in eine Schach-Tour integriert. Spieler aus Lorsch, Bensheim, Heppenheim und vom Lokalmatador Reichenbach nutzten die Chance, bei einem Turnier in der nahen Umgebung dabei zu sein. Die Landfrauen aus Gadernheim sorgten täglich für die Bewirtung – am Eröffnungstag bis halb zehn Uhr abends. „Die Halle ist gut geeignet, aber für viele potenzielle Teilnehmer vielleicht etwas abseits gelegen“, so Torsten Warnk, der für Lautertal das Schweizer System ausgewählt hatte. Dieser Modus wird normalerweise gewählt, wenn es aufgrund großer Teilnehmerzahlen nicht möglich ist, dass jeder gegen jeden spielt, wie das bei einem Rundenturnier der Fall ist. Auf diese Weise wird ausgeschlossen, dass zwei Spieler zweimal aufeinandertreffen. Die erste Runde wird nach einer gesetzten Liste gespielt, danach treffen Spieler ähnlicher Niveaus aufeinander. Vom Schachclub Reichenbach waren Uwe Jogschies, Günther Wolf und Gerhard Fritsch gemeldet. In Gadernheim waren auch ein Acht- und ein Zehnjähriger im A-Turnier vertreten. „Das ist heute Standard“, so Torsten Warnk. Die Szene wird momentan von vielen blutjungen Spielern gestürmt. Portale wie Netflix und TikTok tragen ihren Teil zur neuen Popularität bei. Viele Topspieler werden zu Superstars auch in der digitalen Welt. Großmeister Hikaru Nakamura ist einer der populärsten Schach-Streamer überhaupt. In Lautertal hofft man auf eine Fortsetzung im klassisch-analogen Stil. Man werde die Premiere analysieren und darüber sprechen, wie es weitergehen wird, so Warnk. Er will ein hochqualitatives Schachturnier etablieren, das viele Spieler auf dem Schirm haben. Der erste Zug ist getan. Thomas Tritsch Freier Autor
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